Dienstag, 3. Mai 2022

Eine neue "Beobachtungsstation" (Folge 3/4)

 In den beiden letzten Blogeinträgen habe ich mein Vespera ausgepackt und eine erste Verbindung zwischen der App auf meinem iPad und dem Gerät hergestellt.

Jetzt sollte der allererste Praxistest kommen.

Am Abend habe ich das Vespera auf einen Tisch auf meiner Terrasse aufgestellt.

Die Akkukapazität der Vespera ist mit vier Stunden Betrieb angegeben, wenn der Akku voll geladen ist. Doch meiner war jetzt nur noch zu einem Drittel geladen. Würde es überhaupt funktionieren? Naja, ein erstes Foto sollte schon drin sein, dachte ich mir.

Ein erstes Bild, "first light", immer eine aufregende Sache. Egal, ob es sich um das James-Webb--Weltall-Teleskop handelt oder ein neues eigenen Gerät. 

Ich hatte ja so eine Idee, am Himmel würde ein ganz besonderes Objekt warten, das mehr als "würdig" für eine solche Aktion sein sollte - und wenn das klappen würde, ja, dann würde ich bestimmt einen richtigen Luftsprung machen.

Doch noch war es nicht soweit. Beim Aufstellen sollte man auf eine genaue waagrechte Ausrichtung des Gerätes achten. Dafür war die kleine Wasserwaage beigelegt. Diese passte genau in die kleine Magnethalterung des Netzkabels. Mit einer Taschenlampe im Dunkeln von oben beleuchtet, war es mir möglich, das Gerät schnell auszurichten. Dafür brauchte ich nur ein wenig an den Füßen des Dreibeins zu drehen. Ein kleiner Wackeltest - da wackelte nichts. Wenn ich nicht gleich den ganzen Tisch umstürzen würde, sollte also nichts mehr umkippen oder sonst wie schief gehen können.

Vespera mit Wasserwaage zum Ausrichten

Außerdem wollte ich doch noch einmal schauen, ob sich Vespera denn wenigstens jetzt im laufenden Betrieb aufladen lassen würde. Zunächst stellte ich fest, dass der Netzstecker nicht in meine Outdoor-Sicherheits-Steckdose passte, also musste ich doch zunächst schnell einen eigentlich nur für Innenräume zugelassenen Dreifachstecker dazwischen schalten. Ich löste auch noch einmal das Ladekabel vom Stecker und steckte es fest rein. Upps - jetzt saß der USB-C-Stecker des Kabels richtig fest im Netzteil. Sollte ich vorhin das Kabel einfach nicht richtig fest genug reingedrückt haben? Das war mir ja schon fast ein bisschen peinlich. Und deshalb hatte ich den Support angeschrieben? Mir fiel der bekannte Lieblingssatz der Kolleginnen und Kollegen aus der Supportabteilung meiner frühen Firma ein: "Bei 95 Prozent aller Computerprobleme ist der Fehler nicht im Computer, sondern er sitzt davor!"

Das Vespera auf meinem Terrassentisch

Im Hintergrund des Bildes kann man mein eigentlich, großes Teleskop auf seiner schweren Montierung sehen. Werden die beiden sich miteinander vertragen?

Doch jetzt wieder zurück zum eigentlichen Zweck des ganzen. Ich wollte ja damit den Himmel beobachten. Und das sollte doch eigentlich ganz einfach sein. Der große Knopf an der Vespera war gedrückt - die WLAN-Verbindung zwischen iPad und Vespera hergestellt - den Knopf zur Initiatiliserung gedrückt ... und wieder setzte sich der Arm in Bewegung.

Die App zeigt an, dass sich das Teleskop initialisiert und das dies einige Minuten dauern wird. Dann gibt es einen Hinweis, das wohl Sterne gefunden wurden und der Autofocus ausgerichtet wird. Und schließlich ein kurzer Hinweis, dass jetzt die Position am Himmel bestimmt wird. Und fertig. 

Ich kann mein erstes Objekt einstellen.

Ich wähle das Messier-Objekt M60, eine 8,6mag helle Galaxie im Sternbild Jungfrau. 

Wieder bewegt sich der Arm und zeigt jetzt ziemlich genau in die Richtung, wo sich diese Galaxie am Himmel befinden würde. Auf dem iPad beginnt eine wilde Animation. Helle Lichtpunkte streben vom Rand des iPad auf einen blauen Kreis in der Mitte zu, der genauso aussieht wie der Schalter auf der Vespera. Später wird mir klar, das symbolisiert eine "Singularität", ein "schwarzes Loch" im Universum, etwas "einzigartiges", ein wenig frei übersetzt.

Und dann, es dauert auch nicht lange, sehe ich schon das erste Bild von M60 auf meinem iPad. Noch etwas verrauscht, aber M60 ist genau in der Mitte klar getroffen, und rundherum sind schon weitere Sterne und andere Galaxien zu erkennen.

Das Vespera gibt bei der Auswahl der Objekte auch an, wie lange man ein entsprechendes Bild "belichten" soll. Für M60 werden 30 Minuten empfohlen. Doch schon nach zehn Minuten ist meines Erachtens ein sehr akzeptables Bild zusammen gekommen. 

Hier das Ergenis, "first light" nach 1800 Sekunden Belichtungszeit, also 30 Minuten:

First light Vespera: M60 und mehr

Wow! Das ging ja eigentlich wirklich einfach! Gerät aufbauen, Einschalten, Verbindung mit dem iPad herstellen, Objekt auswählen - und schwupps - nach wenigen Minuten ein perfektes Astrofoto, fertig!

Das ist so richtig was für "Astrofotografie für Dummies". Wobei ich das wirklich nicht abwertend meine. Denn man muss ja mal sehen, wie viel Aufwand ist ansonsten notwendig, so ein Bild hinzubekommen? Man braucht eine Kamera mit passendem Objektiv, fähig zur "Langzeitbelichtung" und muss vor allem die Kamera in diesen 30 Minuten Belichtungszeit exakt der Bewegung des Objekts am Himmel nachführen. Spätestens hier scheitern viele. Gute automatisch nachführende Montierungen sind nicht gerade umsonst zu bekommen. Und wenn man dann seine Belichtung in der Kamera hat, muss man anschließend ja noch ein richtiges Bild daraus machen. Denn in Wirklichkeit wird hier im Digitalzeitalter ja gar kein Film "langzeitbelichtet", sondern es müssen viele einzelne Bilder (bei diesem Vespera Foto waren es 180 mit jeweils 10 Sekunden Belichtungszeit) zusammengesetzt werden, Und diese müssen dann mit einer geeigneten Software erstmal übereinander gelegt ("gestackt") werden, um feine Details sichtbar zu machen und abschließend noch irgendwie weiter bearbeitet werden, damit der Himmel hinter den Sternen tatsächlich auch schwarz ist usw. 

Bei Vespera geschieht dies praktisch automatisch, live während der Beobachtung.

Doch zurück zum Bild. Zunächst einmal habe ich das Bild bei "nova.astrometry.net" hoch geladen, um zu schauen, ob das wirklich M60 in der Mitte ist und welche anderen Galaxien oder besonderen Objekte auf diesem Bild auch noch zu sehen sind:

Bestätigung: NGC 4649 = M60 ist genau in der Bildmitte

Ein schöner Beweis, wie präzise das Vespera den Himmel um M60 herum abgebildet hat. Wer möchte, darf sich gerne in die anderen Bezeichnungen weiter vertiefen, M 59 ist auch auf dem Bild zu finden und viele weitere...

Doch warum habe ich gerade dieses Bild für mein "first light" ausgesucht? 

Nun, ich will ehrlich sein. Es ging mir gar nicht um M 60. Viel interessanter ist die kleine, lichtschwächere Galaxie direkt neben M 60: NGC 4647.

In dieser Galaxie ist nämlich am 16. April durch einen Japaner eine Supernova entdeckt worden. Sie hat die Bezeichnung SN 2022hrs bekommen. Und jetzt, bei meinem "first light", in der Nacht vom 27. zum 28. April 2022, leuchtete sie mit 12,5mag immer noch hell in ihrer Galaxie. 

Deshalb hier noch einmal ein 1:1 Ausschnitt aus dem obigen Bild von M 60 und NGC 4647 mit der markierten Supernova:

Supernova 2022hrs

Wow! Ich war von meinem kleinem "Ei" - Entschuldigung! - von meiner lieben Vespera richtig begeistert!

Eine Supernova gleich als "First light"! Was will der Mensch mehr?

Der Zauber von Vespera hat mich danach sofort gefangen genommen und ich habe noch mehr beobachtet.

(Weitere Bilder in der nächsten Folge, sie erscheint Mittwoch um 9 Uhr)


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