Dienstag, 28. April 2020

23. April: ISS-Transit vor der Sonne


90 Minuten ungefähr braucht die ISS um einmal um die Erde herum zu fliegen. Manchmal kann man sie dabei beobachten. Am einfachsten ist dies am Abend oder Morgen, wenn die Sonne untergegangen ist, die ISS auf ihrer Bahn in gut 400 Kilometern Höhe über der Erde aber noch beleuchtet wird. Für einen Beobachter auf der Erde fliegt die ISS dann wie ein heller Stern in wenigen Minuten über den dunklen Himmel. Tagsüber sind solche Überflüge normalerweise nicht sichtbar, weil das helle Licht der Sonne dann alles überstrahlt.

Manchmal fliegt die ISS jedoch ganz genau vor der Sonnenscheibe vorüber und ist dann ebenfalls zu sehen. So ein Ereignis ist vielleicht vergleichbar mit einer Sonnenfinsternis, wenn sich der Mond genau zwischen einen Beobachter und die Sonne schiebt. Man kann dann die Silhouette der Raumstation vor der Sonne erkennen. Das ist jedoch nicht trivial.

Die ISS bewegt sich recht schnell am Himmel entlang. Und die Sonne ist zwar strahlend hell am Himmel, aber eigentlich auch nicht wirklich groß. Ein solcher Vorbeiflug (Transit) der ISS dauert nur etwa eine Sekunde. Am 8. März 2015 hatte ich schon einmal das Glück, einen solchen Transit zu beobachten.

Man hat also eigentlich keine Zeit am richtigen Objekt die Kameraeinstellungen in Ruhe auszuprobieren. Man braucht schon etwas Glück, denn es gibt viele Fehlermöglichkeiten. Die Daten für solche Vorüberflüge kann man heute im Internet finden. Der "Streifen", von dem man aus einen solchen Transit sehen kann, ist nur ganz wenige Kilometer breit. Und es sind immer nur "Vorausberechnungen". Muss die ISS ihre Bahn korrigieren, stimmen sie ganz schnell nicht mehr. Die Kameras und Fernrohre, mit denen man ein solches Ereignis beobachten will, müssen vor der Sonnenstrahlung selbst gut geschützt werden. Zur Zeit ist es auch nicht einfach, eine auf die Sonne gerichtete Kamera scharf zu stellen. Auf der Sonne gibt es keine Flecken, an denen man sich orientieren kann. Bleibt also nur der Sonnenrand. Doch je nach Temperatur und Turbulenzen in der Atmosshäre "wabert" der mal mehr mal weniger. und das Wetter muss natürlich auch mitspielen.

Am Samstag, den 18. April sollte es in unserer Region mal wieder so weit sein. Um 10:07 Uhr sollte es in Paderborn einen solchen Überflug geben, der zum Beispiel auch vom Heinz-Nixdorf-Museumsforum auch zu beobachten wäre. Auf dem großen Parkplatz hatten sich - mit mehr als ausreichendem Abstand - gleich mehrere Freunde von der Sternwarte Paderborn eingefunden, um das Ereignis zu beobachten und zu fotografieren. Alles wurde aufgebaut, sorgfältig ausgerichtet, vorbereitet - ich schaute auf meine Uhr: "10:00 Uhr - oh da aben wir noch etwas Zeit", dachte ich und ging noch einmal von meinem Fernrohr weg in auf einem anderen Sternfreund hin und wollte ihn was fragen - und da war es schon passiert. Es wird wohl eher 10:06 Uhr gewesen sein. Ich war zu blöd um richtig die Uhr abzulesen und habe dann auch noch durch meine Frage die anderen abgelenkt, so dass wir das Ereignis alle nicht fotografiert hatten. Viel Aufwand und kein Ergebnis! Ja, so kann es manchmal gehen.

Doch ich sollte noch eine zweite Chance bekommen. Am Donnerstag, den 23. April war für 8 Uhr : 34 Minuten und 50 Sekunden erneut ein Transit der ISS vorher gesagt, diesmal von meinem Garten aus zu beobachten. Wieder alles aufgebaut - und diesmal hat es geklappt.

Mit meinem Spektiv und ein Kleinbildkamera habe ich das Ereignis wie 2015 gefilmt. Der nachfolgende Film zeigt den Transit. Er dauert insgesamt 13 Sekunden und etwa bei Sekunde 8 und 9 fliegt die ISS von rechts oben nach links unten vorüber. Leider kam genau in dem Moment eine heftige Windbö, so dass alles ein wenig am Zittern ist, aber man kann den Vorbeiflug durchaus erkennen. (Den Ton könnt ihr abstellen, das habe ich nur eingerichtet, um mein blödes Gequatsche zu überspielen):



Zusätzlich habe ich dieses Ereignis diesmal mit meinem Fernrohr und einer angeschlossenen Spiegelreflexkamera fotografiert. Mit 1/3000 Sekunde gelangen mir sechs Bilder, auf denen die ISS zu sehen ist. Man muss eine so kurze Belichtungszeit wählen, weil die ISS selbst so schnell vor der Sonne entlang fliegt, das sie sonst schnell unscharf erscheinen würde. Ich habe diese Sequenz zu einem kleinen "anmierten gif" zusammengesetzt. In diesen Bildern fliegt die ISS eher im unteren Bilderteil von rechts nach links vor der Sonne vorüber:

Animation des Vorüberflugs der ISS vor der Sonne am 23. April um 8:34 und 50 Sekunden.


Hier noch ein Einzelbild:

Die ISS ist der kleine "Fliegenschiss" rechts unten auf der Sonne.


Und hier ein Auschschnitt aus dieser Bilderserie, im 1:1 Maßstab, also der originalen Bildgröße:



Man kan deutlich die großen Solarpaneele der ISS erkennen. In diesem Moment war die ISS ziemlich genau 1000 Kilometer von uns entfernt. Im Original hat die ISS etwa die Größe eines Fußballfeldes. 1000 Kilometer entfernt von uns ist zum Beispiel auch Brest an der französischen Atlantikküste oder Umbrien in Italien (kurz vor Rom). Stellen Sie sich mal vor, sie schauen dort auf ein Fußballfeld in einem Stadion!

Hier noch ein Bild, welche Bahn die ISS in diesem Moment über der Erde tatsächlich genommen hat ((c)heavens-above.com):

Bodenspur der ISS an diesem Morgen.

Im Moment des Transits, 10 Sekunden vor 8:35 Uhr befand sich die ISS irgendwo über dem Grenzgebiet von Polen und der Ukraine.

Raumfahrt ist faszinierend. Und genauso spannend ist es, die Raumfahrer dort oben im All von der Erde aus zu verfolgen.

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