Donnerstag, 22. März 2012

21. März - Supernova sichtbar!

Herrlich! Am Mittwochabend war es wieder wunderschön klar und es hat geklappt, wir haben die neue Supernova tatsächlich gesehen!

Es war unheimlich spannend. Als es dunkel wurde, trafen sich mehrere Sternfreunde auf der Paderborner Volkssternwarte in Schloß Neuhaus, um zu schauen, ob man denn die neue Supernova in der Galaxie M95 auch hier würde sehen können.

Venus und Jupiter strahlten als erste hell im Westen, nach und nach kamen immer mehr Sterne durch. Wir richteten zunächst unser großes Teleskop auf den Mars, der zur Zeit ganz dicht bei M95 steht. Schon hier gab es für den einen oder anderen aus unser Gruppe die erste Überraschung. Deutlich waren auf seiner Oberfläche dunkle Flecken zu erkennen. Mars war sehr hell, mittels eines Polfilter konnten wir sein Licht etwas dämpfen, nun war sogar eindeutig eine Polkappe zu erkennen. Aber war das nun der Nord- oder Südpol? Nach kurzer Diskussion und etwas nachdenken, war uns schnell klar, das konnte nur der Nordpol sein, der uns in dieser Opposition zugewandt ist. Aber vor allem zeigte uns dies schon mal, dass wir es in dieser Nacht mit einem guten, klaren und ruhigem Nachthimmel zu tun haben werden.

 Dann schwenkten wir das Teleskop zu M95. Zu sehen war - nichts. Es war auch gerade erst so um 20 Uhr herum. Die sog. "nautische Dämmerung" war gerade zu ende gegangen, die Sonne stand ca. 12° Grad unter dem Horizont. Hatten wir überhaupt das Teleskop an die richtige Stelle geführt? Im Okular waren verschiedene Sternchen zu erkennen. Jetzt galt es also, diesen Anblick mit dem eines Sternatlas zu vergleichen. Bei dem von uns eingesetzten PC-Programm konnte man für die von uns verwendete Fernrohr/Okular-Kombination genau den sog. "Field of View", also genau den Ausschnitt, den das Okular zeigen sollte, wenn es richtig positioniert ist, zeigen sollte. Sollte?! Auf den ersten Blick schien das nicht zu stimmen. Ich hatte deutlich in den Sternen ein Dreieck erkannt, . Ein anderer Sternfreund sah auch drei Sterne, aber eher an anderer Stelle. Nun ging die Diskussion los. Lass uns doch erst mal genau die passende Sternhelligkeit am PC dazu einstellen, also alle Sterne bis zur 13. Größenklasse, so hell sollte auch die Supernova sein. Der FOV zeigte jetzt mindestens zwei hellere Dreiecke an. Immer wieder wechselten wir uns beim Schauen durch das Okular ab und verglichen unseren Eindruck mit dem Bild am PC. Dann wurde klar, wir kamen jetzt etwa bis zu Sternen der 11. Größenklasse - und wir mussten das Bild am PC um ca. 100° Grad drehen, damit es zum Bild im Okular auch in der Ausrichtung passte.

Jetzt wurde es spannend. Wir hatten schon den richtigen Himmelsausschnitt getroffen. Durch indirektes Sehen konnte man jetzt auch den verschwommenen Kern der Galaxie erkennen. Doch wo war die Supernova. Am Himmel wurde es immer dunkler. Doch würde es hier, mitten in der Stadt, wirklich dunkel genug werden?  Das Sternbild Löwe mit Mars, M95 und der Supernova stand genau über dem beleuchteten Schloß, und die Schloßbeleuchtung wird erst nach 22:30 Uhr abgeschaltet.

Wir beschäftigten uns genauer mit dem Sternfeld im Okular, Sterne bis zur 11. Größenklasse waren eindeutig zu identifizieren. und da, blinkte da zwischen den beiden Sternen im unteren Teil des Blickfelds nicht noch ein dritter, etwas mehr zur Mitte gerichtet? Der würde schon die 12. Größenklasse haben. Wir spürten deutlich die Spannung in uns hoch steigen. Wir näherten uns unserem Ziel. Die Beobachtungsbedingen wurden immer besser, denn der Löwe stieg langsam immer noch etwas höher am Himmel hinauf, weg vom störenden Streulicht der Stadt.

Wo aber sollte nun die Supernova sein. Im PC stellten wir jetzt auch Sterne der 14. Größenklasse ein. und über das Internet schauten wir uns Bilder der Supernova an, die von deren Entdeckung vor zwei Tagen berichteten. Doch hier stellte sich zunächst gleich wieder die Frage, wie waren die ausgerichtet. Bei denen war Norden natürlich oben, also mussten wir auch diese Bilder um gute 100° Grad drehen. Unterhalb M95 müssten wir ein charakteristisches Sternenmuster erkennen können, ein liegendes Kreuz, so ähnlich wie das Sternbild Schwan. Die Sterne am Ende der langen Hauptachse sollten 10./11. Größenklasse haben (die hatten wir ja schon längst identifiziert), die der kleinen Querachse 12./13. Größenordnung. Und am hinteren Ende noch ein kleiner Begleitstern,  13,5 mag hell. Größenordnung. Jetzt war im Okular das Kreuz immer deutlicher zu erkennen, nur der hintere Begleiter machte uns Probleme, der wollte sich nicht sehen lassen. Inzwischen bauten wir einen "deep-sky-Filter" ein, dadurch ließ sich der Kontrast im Okularbild tatsächlich noch einmal etwas verbessern.  Der Kern von M95 war inzwischen deutlich besser zu erkennen, einige glaubten sogar, die Balkenstruktur zu sehen. Aber halt, war da nicht in Richtung M95 ein Sternchen zu erkennen? Wir schauten und schauten. mal glaubten wir etwas zu sehen, dann wieder nicht.

Mittlerweile war es 21:45 Uhr geworden. Es war wirklich "grenzwertig", aber jetzt meinten schon mehrere Beobachter, dort, relativ dicht an M95 dran, etwas erkennen zu können. Zwar ganz schwach und nicht ständig, aber doch eindeutig.

War das die Supernova?

Könnte man genau diesen Anblick nicht fotografieren? Gesagt, getan. Eine Kamera wurde geholt und an das Fernrohr angeschlossen. Im ursprünglichen Gesichtsfeld war zunächst nichts zu erkennen, also mussten wir einen etwas helleren Stern ansteuern, um die Kamera genau zu fokussieren. Wir entschieden uns für den Stern Rho im Löwen, dieser war sicherlich hell genug (3,8mag) und nur zwei bis drei Grad von M95 entfernt. dann - sch... - die Steuerung des Teleskop rutschte aus der Hand und viel zu Boden, das Fernrohr bewegte sich unkontrolliert ...  war jetzt all die Mühe umsonst, mussten wir noch einmal ganz von vorne anfangen?

Zum Glück war alles halb so schlimm, das Gerät ließ sich noch einwandfrei positionieren, also wieder zurück zu M95 geschwenkt und einfach mal ausgelöst, höchste ISO-Stufe und 30 Sekunden belichtet. Die Kamera macht nach dem Bild noch automatisch einen "Darkframe-Abzug" von der gleichen Länge der Belichtungszeit, innerlich zählten wir die Sekunden mit. Dann erschien auf dem Kameradisplay das Bild - ja, da in der Mitte war M95 als verwaschener Fleck zu erkennen, und da war das lang gestreckte Kreuz, und da - ja genau da wo wir es visuell auch haben "blinken" sehen - genau da war schon im Display der Kamera eindeutig ein Stern zu sehen! Das musst die Supernova sein!

Dieser Beobachtungsabend hatte sich tatsächlich gelohnt!

Schritt für Schritt haben wir uns dem "Objekt der Begierde" angenähert und es tatsächlich geschafft, die Supernova mit der Nummer SN2012aw in der 38 Millionen Lichtjahre entfernten Galaxie M95 über dem Stadthimmel von Paderborn mit eigenen Augen zu sehen.

Hier unser Belegfoto, nicht nach Norden ausgerichtet, sondern eher so, wie wir auch durch das Okular geschaut haben.

Supernova SN2012aw in M95 im Löwen. Aufgenommen mit Newton-Reflektor (354mm Durchmesser, f=1600mm und Canon EOS1100 Kamera)


Der rot-weiße Pfeil markiert die Supernova, der etwas verwaschene Fleck etwas rechts oberhalb davon ist der Kern der Galaxie M95. Weiter rechts unterhalb das im Text oben beschriebene lang gestreckte Kreuz. Auf dem Foto sind an dessen hinteren Ende sogar zwei weitere kleine Sterne zu sehen, die beide eine Helligkeit zwischen der 13. und 14. Größenklasse haben.

Nachtrag vom 22.3.: Heute Abend habe ich die Supernova auch von meinem Garten aus in Bad Lippspringe beobachtet. Sie war in meinem viel kleinerem Teleskop als dem Gerät auf der Sternwarte  deutlich zu erkennen. Dies zeigt einmal mehr, es kommt beim Beobachten des Himmels gar nicht in erster Linie auf die eingesetzte Technik an, sondern viel mehr auf einen klaren Himmel. Und wenn der dunkel genug ist und nicht durch viel Stadtlicht aufgehellt wird, dann kann man die Supernova wirklich auch in einem 8-Zöller sehen!

In meinem Teleskop (ein C8 der Firma Celestron), war zunächst M95 sehr deutlich zu erkennen. Die Supernova hat scheinbar einen deutlichen Abstand von der Galaxie. Dies täuscht jedoch, da man von ihr nur den hellen Kern sieht und nicht die Spiralarme am Rand. Diese werden erst auf länger belichteten Fotografien deutlich, die man z.B. in den Foren von astronomie.de findet.

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