Tausende Menschen hatten sich in vielen Orten auf den Weg zu angeblich guten Beobachtungsplätzen gemacht und wollten das groß angekündigte Spektakel miterleben. Längste Mondfinsternis des Jahrhunderts! "Blutmond" und gleichzeitig Marsopposition. Was hatte die Presse, Funk und Fernsehen nicht für ein tolles Ereignis angekündigt.
Aber wo würde der Mond nun tatsächlich zu sehen sein? Ich kam gegen 21 Uhr an meinem Urlaubsort in Kiel am Fördeufer bei der Blücherbrücke an - wollte mich dort eigentlich mit Kieler Sternfreunden treffen - und ich hatte mein kleines Fernrohr noch nicht einmal hingestellt, sondern noch über der Schulter getragen, da sprachen mich schon drei junge Mädchen an: "Sie sind bestimmt Experte: Wo ist denn jetzt der Mond?" Natürlich erklärte ich Ihnen, das hier die Sonne erst um 21:31 Uhr unter und der Mond zur gleichen Zeit aufgehen soll, aber weil er dann schon verfinstert ist, man sicherlich noch eine ganze Weile warten muss, bis er tatsächlich zu sehen sein wird.
Und so ging es Schlag auf Schlag weiter. Ich suchte mir noch schnell einen guten Aussichtspunkt zwischen all den jungen und alten Segelbooten, mit gutem Blick über die Förde auf das andere Ufer. Mit der App "The Photographers Ephemeriden (TPE)" hatte ich schon vorher genau gecheckt: der Mond würde exakt über der Schwentinemündung aufgehen und dann langsam an Höhe gewinnend in südlicher Richtung am Himmel hochsteigen. Doch zu sehen war natürlich: NICHTS! Denn es war zum Zeitpunkt des Sonnenuntergang zum einen natürlich viel zu hell am Himmel. Zum anderen war in Richtung Horizont auch leichter Dunst zu erkennen. Nach einem langen heißen Sommertag ist das doch auch gar nicht anders zu erwarten gewesen.
Und so fragten mich natürlich viele, viele um mich herum stehende oder vorbei kommende Passanten: "Wo ist denn nun der Mond?" Und geduldig erklärte ich, der Mond ist heute nicht so hell wie sonst bei Vollmond, schließlich befindet er sich jetzt schon im Erdschatten, sein Licht ist dadurch total gedämpft. Erst sollten ein paar helle Sterne am Himmel zu sehen sein, dann hätten wir auch eine Chance auf den Mond.
Und so kam es auch. Glücklicherweise entdeckten Passanten auf meinen Hinweis hin recht schnell den ersten "Stern" am Himmel, das war der Planet Jupiter. und so konnte ich den Leuten um mich herum zwar nicht den verfinsterten Erdmond, aber gleich vier Jupitermonde auf einmal zeigen. "Wow!" sagten viele. Dann wurde im Westen die Venus entdeckt. Und wieder ein neues Beobachtungsziel, das den Leuten erneut ein "Wow!" entlockte. Denn die Venus sah wirklich aus wie ein kleiner Halbmond!
Und dann, endlich, es war schon nach 22 Uhr, da entdeckte eine Gruppe junger Geophysikerinnen über dem Horizont am anderen Fördeufer einen leichten, rötlichen Schimmer: der Mond! Hurra! Er war doch noch aufgetaucht. Und schon hatte mein kleines Fernrohr endlich das ersehnte Ziel im Blick und immer wieder "Wow!"
Plötzlich brandete Jubel auf, Gegen 22:30 Uhr stiegt im Westen ein heller "Stern" schnell und steil den Himmel auf: die ISS kam vorbei. "Hallo Alex!" wurde laut gerufen. Ein weiterer Höhepunkt an diesem Abend. Für mich und mein kleines Fernrohr ging es jetzt nur noch zwischen den Zielen hin und her: Der verfinsterte Mond, Jupitermonde, der Ring des Saturn (das absolut "geilste" an diesem Abend, der sieht ja richtig "echt" aus.), die Venus war inzwischen untergegangen, dafür plötzlich der Hinweis: der "rote Punkt dort drüben, der war da eben noch nicht, das kann doch kein Warnlicht für Flugzeuge sein!?" Nein, natürlich nicht, das war der Mars!
Und jetzt wurde auch deutlich, warum es so lange dauerte, bis der Mond sichtbar wurde: Mars erschien viel heller als der Mond!
Die Stimmung auf der Blücherbrücke bei all den Besuchern und Himmelsbegeisterten war einfach nur Spitze! Zur Feier des Tages gab es sogar "Hugo"! Lange noch wurde in den Himmel geschaut, immer wieder erklärte ich die verschiedenen Planeten, langsam wanderte der Mond wieder aus dem Erdschatten heraus. Jetzt wurde ich philosophisch: "Schon die alten Griechen hatten erkannt, weil der Schatten der Erde bei Mondfinsternissen auf dem Mond immer rund ist, kann die Erde nur eine Kugel und keine Scheibe sein."
Zum Fotografieren bin ich an diesem Abend kaum gekommen, aber es gibt sicherlich etliche Handyfotos, die andere durch mein Fernrohr geschossen haben. Viele Menschen bedankten sich mit Handschlag bei mir, das ich sie heute ja soo glücklich gemacht habe. Meine Antwort war immer: Ihre Neugier, ihre Geduld, ihr Interesse an der Wissenschaft macht sie glücklich! geben Sie das an ihre Kinder und Kollegen weiter! Wissenschaft kann ja so spannend und faszinierend sein!
Hier meine wenigen Fotos:
Der verfinsterte Mond schimmert durch die Atmosphäre um kurz nach 22 Uhr. |
Neugier genügt - heute darf jeder durch mein kleines Fernrohr schauen! |
Die Finsternis geht zu Ende, der Mond verlässt den Erdschatten. |
Ach ja, viele Grüße noch an die anderen Kieler Sternfreunde: Habe Euch leider nicht mehr getroffen, es waren einfach zu viele Menschen an diesem Abend unterwegs, und ich kam ja gar nicht mehr mit meinem Fernrohr weg von der Brücke. Bei Euch war es sicherlich ähnlich voll. Und herzliche Grüße von einer jungen Frau, und Mutter die bei mir immer wieder durchs Teleskop schaute, ihre Schwester war mit einer Gruppe anderer Sternfreunde wegen der Mondfinsternis extra an eine Sternwarte nach Namibia gereist, ich soll Euch alle herzlich grüßen... dort schien der Mond sehr hell orange hoch vom Himmel...
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