Kein Polarlicht - Keine Jupiterbedeckung
Die Wetteraussichten in Bad Lippspringe waren für die Nacht
vom 14. zum 15. Juli 2012 nicht doll, viele Schauer und praktisch durchgehend
bewölkt - und dabei war durch einen vorausgegangenen Materieauswurf auf der
Sonne in dieser Nacht mit Polarlichtern zu rechnen, und vor allem würde der
Mond in den frühen Morgenstunden des Sonntags den Planeten Jupiter und seine
Monde bedecken, ein Ereignis, dass es nur alle zwanzig Jahre mal gibt.
Seit Tagen studierte ich daher die verschiedenen Wetter- und
Wolkenvorhersagen. Zunächst sah es für ganz Mitteleuropa düster aus, aber
schließlich zeigte sich am Samstag, dass es in Deutschland wohl doch einige
Stellen mit längeren Aufheiterungen in der Nacht geben sollte.
So entschied ich mich am Samstagnachmittag nach Schleswig-Holstein
zu fahren. Dort wird es zwar - so kurz nach
der Sommersonnenwende - in der Nacht nicht ganz dunkel, aber für Polarlichter
ist ein nördlicher Standort immer vorzuziehen. Meine Frau ließ es sich nicht
nehmen, mitzukommen - damit wir auch heil wieder nach Hause kommen.
Bei der Abfahrt in Bad Lippspringe goss es noch immer in
Strömen. Heute sollte hier Vogelschießen sein, doch statt der Parade vom Rathaus
zum Schützenplatz gab es einen Buspendelverkehr, verständlich, wer will schon
gerne durchregnen, noch bevor der erste Schuss gefallen ist? Doch je weiter wir
nach Norden kam, umso besser wurde das Wetter. Hinterm Elbtunnel klarte es mehr
und mehr auf, endlich war viel blauer Himmel zu sehen.
Ein Anruf bei Mario Lehwald (http://www.seewetter-kiel.de)
verriet mir, dass sich wohl mehrere Mitglieder der Kieler Gesellschaft für
volkstümliche Astronomie am Leuchtturm in Bülk treffen wollten, um zuerst das
Polarlicht und dann die Jupiterbedeckung zu beobachten.
Am Bülker Leuchtturm bei Kiel |
Dort angekommen stellte ich zufrieden fest, "ja, hier
sind wir richtig!". Das Wetter war zusehends besser geworden, kaum noch
eine Wolke am Himmel. Am Straßenrand konnte man gut parken. Hier standen schon
ca. 10 Wohnmobile und noch etwas mehr
PKW. Noch war es nicht dunkel, so dass
wir zunächst einen schönen Spaziergang machen konnten. Hinter dem Leuchtturm beginnt
eine Steilküste, auch geht das Abwasser der Kieler Kläranlage in die Ostsee,
daher herrscht an diesem Teil des Strandes Badeverbot. Dadurch ist diese Gegend
auch eher als "ruhig" einzuschätzen. Unterhalb der Steilküste saßen zwar ein paar
Jugendliche zum Feiern am Wasser, aber das störte wirklich niemanden.
Praktisch wolkenfreier Himmel über der Ostsee |
Als es allmählich dunkel wurde, baute ich Fotoapparat und
Stativ auf, in der Hoffnung auf die große Polarlichtschau. Immer mehr
Spaziergänger kamen vorbei. "Sind sie auch wegen des Polarlichtes hier?
Wir haben davon in den Nachrichten gehört - ich habe noch nie eins gesehen,
kennen Sie sich da aus?" So oder so ähnlich begann so manches
Gespräch. Offensichtlich hatten diese
Menschen begriffen, hier oben, nördlich von Kiel, könnte man wirklich das PL
gut sehen. Und ich war in meinem
Element. Immer wieder kramte ich mein Smartphone hervor, um die aktuellen Werte
zu checken. Noch hatte niemand PL gemeldet, die Bz-Komponente wollte aber auch
nicht wirklich negative Werte annehmen.
Statt Polarlicht gab es zunächst einmal ein Feuerwerk zu bestaunen. |
Dann überraschte uns eine ganz unerwartete Show am Himmel. Auf der anderen Seite der Förde war ein Feuerwerk zu erkennen. Kam dies vielleicht vom Strand mit dem Namen "Kalifornien"?
Blick durch das Spektiv zum Ehrenmal in Laboe auf dem anderen Ufer der Kieler Förde |
Der Himmel jedoch war wunderschön klar. Am Nordhorizont
blieb es zwar immer ein wenig hell. Die Sonne stand um 1:25 Uhr mit nur 14° Grad
am tiefsten Punkt unter dem Horizont, die "astronomische Dämmerung"
war also nie zu Ende, aber am Himmel war
die Milchstraße durch Kassiopeia und den Schwan wunderschön zu erkennen. Es
wurde auch die ganze Nacht nicht wirklich feucht. An der Küste bildet sich ja leicht Nebel,
davon war in dieser Nacht nichts zu merken. Auch die Fotoobjektive beschlugen
überhaupt nicht.
Kein Polarlicht - oder ist da nicht doch ein leichtes grün über dem Horizont zu erkennen? |
Auch längere Belichtungszeiten zaubern kein Polarlicht hervor |
Insgesamt kamen da oben im Laufe des Abends sicherlich
mindestens 30 Leute vorbei, teilweise Familien auch mit jüngeren Kindern, die
alle gerne einmal ein richtiges Polarlicht gesehen hätten.
Als ich einem netten Pärchen, beide Doktoranden an der
Kieler Uni, meinen Vornamen nannte,
sagte er gleich, "Dich kenn ich aus dem Polarlichtforum, da lese ich schon
seit längerem mit", stundenlang haben wir uns unterhalten und ich habe
versucht, zu erklären, was "K- bzw. Kp-Werte" bedeuten, was die
Magnetometer messen, wie sich Sonnenwind und Magnetfeld der Erde zueinander
verhalten, was der Effekt der "magnetischen Flasche" ist und sicher
noch vieles mehr.
... und immer noch ... warten ... warten ... warten ... |
Nachdem sich abzeichnete, dass das Polarlicht sich nicht so
richtig zeigen wollte, baute ich mein Spektiv auf und konnte so den Besuchern
andere Highlights am Himmel zeigen. Die Andromedagalaxie und den schönen
Doppelstern Alamak, (gamma Andromeda),
den Wildentenhaufen M11, den Kugelsternhaufen M13 im Herkules, die
Milchstrasse und manche Geschichte zu den Sternbildern des Sommerdreiecks,
Perseus und Andromeda, der großen und der kleinen Bärin und vieles mehr.
Ein Blick zur Wega im Sternbild Leier |
Es war schon nach 2 Uhr in der Frühe, als sich dann auch
endlich die Möglichkeit des Kontakts zu Mitgliedern der GvA ergab, diese hatten
sich etwas weiter nördlich als ich aufgestellt.
"Bist Du der Bruder von Uli aus dem Polarlichtforum?" wurde ich gefragt, "Jo, genau!" antwortete ich und fühlte mich bei den Kielern gleich wie zu Hause. Gegen drei Uhr waren dann auch die letzten Laien gegangen, so dass dann
nur noch sechs, sieben Leute versuchten, die Jupiterbedeckung zu beobachten. Jetzt
wurden auch etwas größere Geräte aufgebaut,
ein Vixen Refraktor, ein Dobson.... Einer der Kieler Sternfreunde bot
mir einen mitgebrachten Klappstuhl an, endlich konnte ich mich auch mal
hinsetzen.
Der Mond wird zwischen den Wolken sichtbar - darüber sieht man die Plejaden |
Jupiter und der Mond bildeten am Himmel ein wunderschönes
Pärchen. Doch leider zogen jetzt über der Ostsee immer mehr Wolken auf. Jupiter rückte dem Mond immer näher. Auch im
Spektiv war dies ein wunderschöner Anblick. Mit zwei weiteren Sternen, einen
oberhalb des Mondes und einem auf der dunkleren Mondseite, bildete Jupiter
praktisch ein gleichseitiges Dreieck, was wie eine Mütze über dem Mond thronte.
Mond, Jupiter mit Monden sowie zwei Sterne (überbelichtet, um die Jupitermonde mit sichtbar zu machen, dadurch kommt jedoch auch ein "Geistermond" mit ins Bild) |
Der Mond kommt Jupiter immer näher ... |
Doch, oh je, die Wolken verdeckten jetzt immer wieder Mond
und Jupiter. Würden wir die Bedeckung noch mitverfolgen können? Wir hatten kein
Glück - wieder eine dickere Wolke, und als der Mond im nächsten Wolkenloch
wieder auftauchte, war Jupiter schon weg. Doch wie spät war es jetzt - Kallisto
und Ganymed sollten noch zu sehen sein. Am hellen Mondrand war das aber
offensichtlich grenzwertig. Ein Sternfreund sah noch beide, einer nahm ein
kleines helles Pünktchen war, ich war mir da nicht sicher, ich denke eher, ich
habe da nichts mehr gesehen.
Jupiter ist bedeckt |
Dafür konnten wir zwischendurch gut den Schiffsverkehr an
der Förde verfolgen. Ein besonders schnelles Boot fiel uns auf, wie es sich dem
Leuchtturm näherte. "Oben weiß
unten rot -Lotsenboot" sagte ein Kenner gleich. und tatsächlich - im
Spektiv waren diese Signalleuchten deutlich auszumachen.
Unterhalb des Mondes, direkt an der Wolkengrenze kann man die Venus erahnen |
Dafür tauchte etwas später unterhalb des Mondes aus den
Wolken ein sehr hell leuchtendes Objekt auf. "Was ist das denn?"
fragte ein Sternfreund. "Na, kannste nicht erkennen, da steht doch ganz
deutlich '747' dran", witzelte ein anderer. Ein Blick durchs Spektiv
zeigte sofort eine Sichelgestalt wie ein kleiner Mond, das war natürlich die
Venus! Dieser Anblick versöhnte uns schnell damit, dass wir die
Jupiterbedeckung nicht weiter verfolgen konnten. Denn oberhalb der Venus war
die Wolkendecke inzwischen undurchdringlich geworden.
Venus durchs Spektiv, auch überbelichtet - die Sichel war in Wirklichkeit viel schmaler |
Inzwischen war es immer heller geworden, die Vögel begannen
mit ihrem Morgenkonzert. Wir packten unsere Geräte wieder ein. Die Kieler Sternfreunde
fuhren nach Hause, ich legte mich in
unserem Auto erstmal eine Runde schlafen. Zunächst war ich von der schönen
Nacht und dem vielen Erzählen noch viel zu aufgeregt, doch dann setzte leichter
Regen ein und irgendwann bin ich wohl doch wohlig und glücklich eingeschlafen
und erst gegen 8 Uhr morgens wieder aufgewacht.
Der Leuchtturm in Bülk am Sonntagmorgen |
So bin ich 400 Kilometer gefahren, habe doch kein Polarlicht
gesehen und auch die Jupiterbedeckung nicht, aber dennoch war es Dank des
wunderschönen Himmels und der vielen netten Kieler da oben eine wunderschöne
Nacht! Diese Reise hat sich wirklich gelohnt!
Mehr Informationen und Diskussionen, ob es in dieser Nacht nun Polarlicht gab oder nicht, findet man im Meteoros-Forum. Dort gibt es auch schöne Bilder Sternfreunden, die tatsächlich die Jupiterbedeckung verfolgen konnten.
Nachtrag: Ich stelle gerade fest, dies ist das 333. Posting in meinem Blog - soviel Spaß hat mir die Astronomie schon bereitet :-)
Nachtrag:
Der Sonnensturm hatte es trotzdem in sich, er dauerte auch den ganzen nächsten Tag noch an. Im Laufe des Sonntags drehte sich das interplanetare Magnetfeld endlich Richtung Süden und es gab auch in Deutschland tolle Polarlichter zu sehen. Nur leider nicht für mich, ich war da ja schon wieder im verregneten Ostwestfalen zurück. Hier jedoch ein Bild von Carsten Jonas, der wieder in Bülk am Leuchtturm beobachtet hatte:
Nachtrag: Ich stelle gerade fest, dies ist das 333. Posting in meinem Blog - soviel Spaß hat mir die Astronomie schon bereitet :-)
Nachtrag:
Der Sonnensturm hatte es trotzdem in sich, er dauerte auch den ganzen nächsten Tag noch an. Im Laufe des Sonntags drehte sich das interplanetare Magnetfeld endlich Richtung Süden und es gab auch in Deutschland tolle Polarlichter zu sehen. Nur leider nicht für mich, ich war da ja schon wieder im verregneten Ostwestfalen zurück. Hier jedoch ein Bild von Carsten Jonas, der wieder in Bülk am Leuchtturm beobachtet hatte:
Polarlicht in Kiel-Bülk, aufgenommen am frühen Morgen des 16. Juli 2012 (C) Carsten Jonas |
Hallo! Das ist eine bewundernswerte Leistung, bei solch "unklaren" Wetterlagen den inneren Schweinehund für eine solche Exkursion zu überwinden. Gut, dass dann - trotz Misserfolgen - der Spaß gestimmt hat. Viele Grüße, Frank
AntwortenLöschenHier meldet sich "der Doktorand". Danke nochmal für die Erklärungen und die netten Stunden!
AntwortenLöschenIn der Nacht auf Montag hatten wir mehr Glück und konnten dann doch noch PL beobachten. Beim nächsten Mal hast Du hoffentlich dann auch wieder mehr Glück.
Man sieht sich hoffentlich auch mal wieder am Leuchtturm.
Viele Grüße nach Ostwestfahlen!
PS: Der nördlichere Platz ist erheblich windstiller. Da friert man nicht ganz so schnell.
PPS: Dein ReCaptcha ist ganz schön schwierig zu überwinden.