Sonntag, 15. Juli 2012

15. Juli - kein Polarlicht - keine Jupiterbedeckung

Eine kleine Geschichte:


Kein Polarlicht - Keine Jupiterbedeckung

Die Wetteraussichten in Bad Lippspringe waren für die Nacht vom 14. zum 15. Juli 2012 nicht doll, viele Schauer und praktisch durchgehend bewölkt - und dabei war durch einen vorausgegangenen Materieauswurf auf der Sonne in dieser Nacht mit Polarlichtern zu rechnen, und vor allem würde der Mond in den frühen Morgenstunden des Sonntags den Planeten Jupiter und seine Monde bedecken, ein Ereignis, dass es nur alle zwanzig Jahre mal gibt.

Seit Tagen studierte ich daher die verschiedenen Wetter- und Wolkenvorhersagen. Zunächst sah es für ganz Mitteleuropa düster aus, aber schließlich zeigte sich am Samstag, dass es in Deutschland wohl doch einige Stellen mit längeren Aufheiterungen in der Nacht geben sollte. 

So entschied ich mich am Samstagnachmittag nach Schleswig-Holstein zu fahren.  Dort wird es zwar - so kurz nach der Sommersonnenwende - in der Nacht nicht ganz dunkel, aber für Polarlichter ist ein nördlicher Standort immer vorzuziehen. Meine Frau ließ es sich nicht nehmen, mitzukommen - damit wir auch heil wieder nach Hause kommen.

Bei der Abfahrt in Bad Lippspringe goss es noch immer in Strömen. Heute sollte hier Vogelschießen sein, doch statt der Parade vom Rathaus zum Schützenplatz gab es einen Buspendelverkehr, verständlich, wer will schon gerne durchregnen, noch bevor der erste Schuss gefallen ist? Doch je weiter wir nach Norden kam, umso besser wurde das Wetter. Hinterm Elbtunnel klarte es mehr und mehr auf, endlich war viel blauer Himmel zu sehen.

Ein Anruf bei Mario Lehwald (http://www.seewetter-kiel.de) verriet mir, dass sich wohl mehrere Mitglieder der Kieler Gesellschaft für volkstümliche Astronomie am Leuchtturm  in Bülk treffen wollten, um zuerst das Polarlicht und dann die Jupiterbedeckung zu beobachten.

Am Bülker Leuchtturm bei Kiel
 
Dort angekommen stellte ich zufrieden fest, "ja, hier sind wir richtig!". Das Wetter war zusehends besser geworden, kaum noch eine Wolke am Himmel. Am Straßenrand konnte man gut parken. Hier standen schon ca. 10 Wohnmobile und  noch etwas mehr PKW. Noch  war es nicht dunkel, so dass wir zunächst einen schönen Spaziergang machen konnten. Hinter dem Leuchtturm beginnt eine Steilküste, auch geht das Abwasser der Kieler Kläranlage in die Ostsee, daher herrscht an diesem Teil des Strandes Badeverbot. Dadurch ist diese Gegend auch eher als "ruhig" einzuschätzen.  Unterhalb der Steilküste saßen zwar ein paar Jugendliche zum Feiern am Wasser, aber das störte wirklich niemanden.

Praktisch wolkenfreier Himmel über der Ostsee


Als es allmählich dunkel wurde, baute ich Fotoapparat und Stativ auf, in der Hoffnung auf die große Polarlichtschau. Immer mehr Spaziergänger kamen vorbei. "Sind sie auch wegen des Polarlichtes hier? Wir haben davon in den Nachrichten gehört - ich habe noch nie eins gesehen, kennen Sie sich da aus?" So oder so ähnlich begann so manches Gespräch.  Offensichtlich hatten diese Menschen begriffen, hier oben, nördlich von Kiel, könnte man wirklich das PL gut sehen.  Und ich war in meinem Element. Immer wieder kramte ich mein Smartphone hervor, um die aktuellen Werte zu checken. Noch hatte niemand PL gemeldet, die Bz-Komponente wollte aber auch nicht wirklich negative Werte annehmen.

Statt Polarlicht gab es zunächst einmal ein Feuerwerk zu bestaunen.
 Dann überraschte uns eine ganz unerwartete Show am Himmel. Auf der anderen Seite der Förde war ein Feuerwerk zu erkennen. Kam dies vielleicht vom Strand mit dem Namen "Kalifornien"?

Blick durch das Spektiv zum Ehrenmal in Laboe auf dem anderen Ufer der Kieler Förde

Der Himmel jedoch war wunderschön klar. Am Nordhorizont blieb es zwar immer ein wenig hell. Die Sonne stand um 1:25 Uhr mit nur 14° Grad am tiefsten Punkt unter dem Horizont, die "astronomische Dämmerung" war also nie zu Ende, aber  am Himmel war die Milchstraße durch Kassiopeia und den Schwan wunderschön zu erkennen. Es wurde auch die ganze Nacht nicht wirklich feucht.  An der Küste bildet sich ja leicht Nebel, davon war in dieser Nacht nichts zu merken. Auch die Fotoobjektive beschlugen überhaupt nicht.

Kein Polarlicht - oder ist da nicht doch ein leichtes grün über dem Horizont zu erkennen?
Auch längere Belichtungszeiten zaubern kein Polarlicht hervor


Insgesamt kamen da oben im Laufe des Abends sicherlich mindestens 30 Leute vorbei, teilweise Familien auch mit jüngeren Kindern, die alle gerne einmal ein richtiges Polarlicht gesehen hätten.
Als ich einem netten Pärchen, beide Doktoranden an der Kieler Uni,  meinen Vornamen nannte, sagte er gleich, "Dich kenn ich aus dem Polarlichtforum, da lese ich schon seit längerem mit", stundenlang haben wir uns unterhalten und ich habe versucht, zu erklären, was "K- bzw. Kp-Werte" bedeuten, was die Magnetometer messen, wie sich Sonnenwind und Magnetfeld der Erde zueinander verhalten, was der Effekt der "magnetischen Flasche" ist und sicher noch vieles mehr.

... und immer noch ... warten ... warten ... warten ...


Nachdem sich abzeichnete, dass das Polarlicht sich nicht so richtig zeigen wollte, baute ich mein Spektiv auf und konnte so den Besuchern andere Highlights am Himmel zeigen. Die Andromedagalaxie und den schönen Doppelstern Alamak, (gamma Andromeda),  den Wildentenhaufen M11, den Kugelsternhaufen M13 im Herkules, die Milchstrasse und manche Geschichte zu den Sternbildern des Sommerdreiecks, Perseus und Andromeda, der großen und der kleinen Bärin und vieles mehr.

Ein Blick zur Wega im Sternbild Leier


Es war schon nach 2 Uhr in der Frühe, als sich dann auch endlich die Möglichkeit des Kontakts zu Mitgliedern der GvA ergab, diese hatten sich etwas weiter nördlich als ich aufgestellt.  "Bist Du der Bruder von Uli aus dem Polarlichtforum?" wurde ich gefragt, "Jo, genau!" antwortete ich und fühlte mich bei den Kielern gleich wie zu Hause. Gegen drei Uhr waren dann auch die letzten Laien gegangen, so dass dann nur noch sechs, sieben Leute versuchten, die Jupiterbedeckung zu beobachten. Jetzt wurden auch etwas größere Geräte aufgebaut,  ein Vixen Refraktor, ein Dobson.... Einer der Kieler Sternfreunde bot mir einen mitgebrachten Klappstuhl an, endlich konnte ich mich auch mal hinsetzen.

Der Mond wird zwischen den Wolken sichtbar - darüber sieht man die Plejaden


Jupiter und der Mond bildeten am Himmel ein wunderschönes Pärchen. Doch leider zogen jetzt über der Ostsee immer mehr Wolken auf.  Jupiter rückte dem Mond immer näher. Auch im Spektiv war dies ein wunderschöner Anblick. Mit zwei weiteren Sternen, einen oberhalb des Mondes und einem auf der dunkleren Mondseite, bildete Jupiter praktisch ein gleichseitiges Dreieck, was wie eine Mütze über dem Mond thronte.

Mond, Jupiter mit Monden sowie zwei Sterne (überbelichtet, um die Jupitermonde mit sichtbar zu machen, dadurch kommt jedoch auch ein "Geistermond" mit ins Bild)
Der Mond kommt Jupiter immer näher ...


Doch, oh je, die Wolken verdeckten jetzt immer wieder Mond und Jupiter. Würden wir die Bedeckung noch mitverfolgen können? Wir hatten kein Glück - wieder eine dickere Wolke, und als der Mond im nächsten Wolkenloch wieder auftauchte, war Jupiter schon weg. Doch wie spät war es jetzt - Kallisto und Ganymed sollten noch zu sehen sein. Am hellen Mondrand war das aber offensichtlich grenzwertig. Ein Sternfreund sah noch beide, einer nahm ein kleines helles Pünktchen war, ich war mir da nicht sicher, ich denke eher, ich habe da nichts mehr gesehen.

Jupiter ist bedeckt


Dafür konnten wir zwischendurch gut den Schiffsverkehr an der Förde verfolgen. Ein besonders schnelles Boot fiel uns auf, wie es sich dem Leuchtturm näherte.  "Oben weiß unten rot -Lotsenboot" sagte ein Kenner gleich. und tatsächlich - im Spektiv waren diese Signalleuchten deutlich auszumachen.

Unterhalb des Mondes, direkt an der Wolkengrenze kann man die Venus erahnen


Dafür tauchte etwas später unterhalb des Mondes aus den Wolken ein sehr hell leuchtendes Objekt auf. "Was ist das denn?" fragte ein Sternfreund. "Na, kannste nicht erkennen, da steht doch ganz deutlich '747' dran", witzelte ein anderer. Ein Blick durchs Spektiv zeigte sofort eine Sichelgestalt wie ein kleiner Mond, das war natürlich die Venus! Dieser Anblick versöhnte uns schnell damit, dass wir die Jupiterbedeckung nicht weiter verfolgen konnten. Denn oberhalb der Venus war die Wolkendecke inzwischen undurchdringlich  geworden.

Venus durchs Spektiv, auch überbelichtet - die Sichel war in Wirklichkeit viel schmaler


Inzwischen war es immer heller geworden, die Vögel begannen mit ihrem Morgenkonzert. Wir packten unsere Geräte wieder ein. Die Kieler Sternfreunde fuhren nach Hause,  ich legte mich in unserem Auto erstmal eine Runde schlafen. Zunächst war ich von der schönen Nacht und dem vielen Erzählen noch viel zu aufgeregt, doch dann setzte leichter Regen ein und irgendwann bin ich wohl doch wohlig und glücklich eingeschlafen und erst gegen 8 Uhr morgens wieder aufgewacht.

Der Leuchtturm in Bülk am Sonntagmorgen


So bin ich 400 Kilometer gefahren, habe doch kein Polarlicht gesehen und auch die Jupiterbedeckung nicht, aber dennoch war es Dank des wunderschönen Himmels und der vielen netten Kieler da oben eine wunderschöne Nacht! Diese Reise hat sich wirklich gelohnt!

Mehr Informationen und Diskussionen, ob es in dieser Nacht nun Polarlicht gab oder nicht, findet man im Meteoros-Forum. Dort gibt es auch schöne Bilder Sternfreunden, die tatsächlich die Jupiterbedeckung verfolgen konnten.

Nachtrag: Ich stelle gerade fest, dies ist das 333. Posting in meinem Blog - soviel Spaß hat mir die Astronomie schon bereitet :-)

Nachtrag:

Der Sonnensturm hatte es trotzdem in sich, er dauerte auch den ganzen nächsten Tag noch an. Im Laufe des  Sonntags drehte sich das interplanetare Magnetfeld endlich Richtung Süden und es gab auch in Deutschland tolle Polarlichter zu sehen. Nur leider nicht für mich, ich war da ja schon wieder im verregneten Ostwestfalen zurück. Hier jedoch ein Bild von Carsten Jonas, der wieder in Bülk am Leuchtturm beobachtet hatte:

Polarlicht in Kiel-Bülk, aufgenommen am frühen Morgen des 16. Juli 2012 (C) Carsten Jonas

2 Kommentare:

  1. Hallo! Das ist eine bewundernswerte Leistung, bei solch "unklaren" Wetterlagen den inneren Schweinehund für eine solche Exkursion zu überwinden. Gut, dass dann - trotz Misserfolgen - der Spaß gestimmt hat. Viele Grüße, Frank

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  2. Hier meldet sich "der Doktorand". Danke nochmal für die Erklärungen und die netten Stunden!

    In der Nacht auf Montag hatten wir mehr Glück und konnten dann doch noch PL beobachten. Beim nächsten Mal hast Du hoffentlich dann auch wieder mehr Glück.

    Man sieht sich hoffentlich auch mal wieder am Leuchtturm.

    Viele Grüße nach Ostwestfahlen!

    PS: Der nördlichere Platz ist erheblich windstiller. Da friert man nicht ganz so schnell.

    PPS: Dein ReCaptcha ist ganz schön schwierig zu überwinden.

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